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Von Butter, Fettnäpfchen, Klee und Fäden – Deutsche Redewendungen und ihre Herkunft

von | 19.06.2023

Auch wenn wir Redewendungen wie „Da wurde kein Blatt vor den Mund genommen“ oder „Er kommt einfach auf keinen grünen Zweig“ durchaus des Öfteren im Alltag verwenden, so hat sich wahrscheinlich der eine oder andere noch keine Gedanken darüber gemacht, was hinter den uns so gängigen Wendungen steckt.

Teilweise werden die Begriffe „Redewendung“ und „Sprichwort“ synonym verwendet. Sie unterscheiden sich jedoch dahingehend, dass Redewendungen viel flexibler angewandt werden als Sprichwörter. Letztere sind in sich vollständige Sätze, die immer gleich lauten, wie zum Beispiel „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ oder „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“. Eine Redewendung muss hingegen in einen Satz eingebaut werden, wie etwa „Diese Verfilmung wurde in den Medien über den grünen Klee gelobt, war aber gar nicht so gut“. „Über den grünen Klee loben“ alleine ist kein vollständiger Satz.

Um bei der Herkunft eben erwähnter Redewendung zu bleiben: es gibt hierfür zwei Erklärungen.
Der Klee – und insbesondere der vierblättrige Klee – galt schon immer als Glücksbringer und wurde in der Vergangenheit von Dichtern und Minnesängern viel gelobt und besungen. Eine Erklärung findet sich daher in der teilweise übertrieben positiven Darstellung des Klees durch Dichter und Minnesänger.
Eine andere Theorie basiert auf der Tatsache, dass es im Mittelalter üblich war, Gräber mit Klee zu schmücken. Außerdem durfte niemals schlecht über Verstorbene geredet werden. Die mit Klee bepflanzten Gräber und die Regel, nur Positives über Tote zu sagen, ist somit eine weitere mögliche Erklärung für die Entstehung dieser Redewendung.

Wer „auf keinen grünen Zweig kommt“, der hat in seinem Leben oder in einem bestimmten Bereich seines Lebens keinen Erfolg bzw. auch einfach kein Glück. Diese Redewendung beruht auf einem alten Brauch, nach dem der Käufer eines Hauses vom Verkäufer beim Einzug einen Zweig eines immergrünen Baumes geschenkt bekam. Der grüne Zweig als Symbol der Fruchtbarkeit sollte die guten Geister ins Haus locken und dem Käufer damit Glück für sein Leben im neuen Eigenheim bringen. Wer allerdings nicht genug Geld hatte, um sich ein Haus zu kaufen, der bekam auch nie einen grünen Zweig geschenkt, und blieb damit in dieser Hinsicht erfolglos.

Die eingangs erwähnte Redewendung „kein Blatt vor den Mund nehmen“ stammt aus dem Theaterbereich. Früher haben sich Darsteller, die unerkannt bleiben wollten, um für das Aussprechen von unangenehmen Wahrheiten oder spöttischen Bemerkungen nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden, gerne Blätter vors Gesicht gehalten. Wer sich traute und nicht versteckte, der nahm kein Blatt vor den Mund und sprach die Wahrheit aus.

Wenn „alles in Butter“ ist, dann ist alles in Ordnung. Diese Redewendung entstand aufgrund eines Problems, das viele Händler von zerbrechlichen Gegenständen wie Gläser oder sonstigem Geschirr hatten. Beim Transport in Kutschen über holprige Steinstraßen ging die Ware oft zu Bruch, bis ein Händler auf die Idee kam, das Geschirr in Fässer zu legen und flüssige Butter darüber zu verteilen. Beim Auskühlen wurde die Butter wieder fest und die zerbrechlichen Gegenstände waren in der erhärteten Butter gut geschützt. Es war also „alles in Butter“.

Da Schinken und Würste früher oft im Wohn- und Essbereich neben dem Ofen zum Trocknen aufgehängt wurden und gelegentlich Fetttropfen nach unten fielen, wurde ein kleiner Behälter zum Auffangen des Fetts auf dem Boden platziert. Wer diesen Behälter übersah, der „trat ins Fettnäpfchen“. Zudem gab es in den Häusern eine Schale mit Schuhfett zum Imprägnieren des Schuhwerks. Egal ob Fett von Wurstwaren oder Fett für Schuhe – früher musste der Pechvogel mit fettigen Socken weitergehen, heute blamiert man sich, wenn man aufgrund einer nicht durchdachten Aussage „ins Fettnäpfchen“ tritt.

Wer beim Halten einer Rede oder Ansprache „den Faden verliert“ und kein Skript in der Hand hat, kommt ins Stottern und kann nur hoffen, dass er den Anschluss schnell wieder findet. Die einfache und logische Erklärung hinter dieser Redewendung stammt aus dem Bereich der Handarbeit. Wenn der Faden beim Nähen aus der Hand rutscht, muss man diesen erst wieder aufnehmen, bevor mit der Arbeit fortgefahren werden kann.
Die interessantere Erklärung beruht auf einer griechischen Sage. Demnach verliebte sich die Königstochter Ariadne in Theseus. Ariadnes Vater verlangte von Theseus, dass dieser das Monster Minotaurus tötet, das in einem Labyrinth lebte, aus dem bis dahin niemand mehr lebend herauskam. Ariadne gab Theseus ein Wollknäuel mit auf seinen Weg ins Labyrinth, und Theseus konnte sich nach Erlegen des Monsters mithilfe des aufgerollten Wollknäuels wieder ins Freie retten. Er hatte somit den Faden nicht verloren.

Die Übertragung von Redewendungen in eine Fremdsprache ist nicht immer einfach. Teilweise existieren Redewendungen, die in den Kontext passen. So kann das deutsche „nicht das Wasser reichen“ im Englischen sehr treffend mit „cannot hold a candle to somebody“ übertragen werden. Im Deutschen stammt die Redewendung aus dem Mittelalter, als der Adel zu Tisch von Bediensteten Wasserschalen zum Säubern der Hände gereicht bekam. Wer von so niedrigem Stand war, dass er nicht einmal diese einfache Tätigkeit ausführen konnte, der durfte dem Hofadel „nicht das Wasser reichen“. Im Englischen ist nicht von Wasser die Rede, sondern von einer Kerze. Lehrlinge, die nicht in der Lage waren, ihrem Lehrmeister in der Dunkelheit eine Kerze zu halten, damit dieser Licht zum Arbeiten hatte, waren nicht geeignet für höhere Tätigkeiten.
In anderen Fällen kann bei der Übertragung von Redewendungen nur eine sinngemäße Übersetzung oder Annäherung angeboten werden. So lässt sich das deutsche „aus dem Nähkästchen plaudern“, das aus Zeiten stammt, als Frauen geheime Briefe in ihrem Nähkästchen aufbewahrten, nicht genauso bildlich ins Englische übertragen. In diesem Fall wäre eine sinngemäße Übersetzung, beispielsweise „give away secrets“, also „Geheimnisse ausplaudern“, am geeignetsten.
Wer immer zu einer Person hält, der geht mit ihr „durch dick und dünn“. Auch im Englischen geht man „through thick and thin“ – hier ist eine wörtliche Übersetzung möglich. Das funktioniert jedoch in den seltensten Fällen, denn einem Nicht-Muttersprachler wird es wie oben geschildert doch sehr `Spanisch vorkommen`, warum Deutsche von Butter reden, wenn alles in Ordnung ist

Quellen